Indigene Völker in Brasilien
Wenn wir von indigenen Völkern in Brasilien sprechen, denken wir zumeist an Gruppen, die ohne Kontakt mit den Weißen im Gebiet des Amazonas leben. In Brasilien leben nach unterschiedlichen Angaben zwischen 500.000 und 900.000 Indigene. Sie gehören zu etwa 280 Völkern, die zwischen etwa 30.000 Angehörigen und nur noch wenigen Menschen bestehen. Die Zahlenangaben variieren jedoch stark. Und viele Völker leben in mehreren Staaten.
Isolierte Völker
Es gibt etwa 230 Völker, von denen zurzeit 67 als sogenannte isolierte Völker gelten. Isolierte Völker heißt nicht, wie oft gesagt wird, dass es sich um unkontaktierte Völker handelt. Vielmehr meiden sie aufgrund schlechter Erfahrungen den Kontakt mit den Weißen. Nicht immer war es nur die Gewalt, die den Indios zu schaffen machte, auch eingeschleppte Krankheiten stellen bis heute eine tödliche Gefahr da. Doch oft ist die Abstufung ungenau. Einige Völker leben in mehr oder weniger großen Gebieten im noch intakten Regenwald z.B. in den Grenzgebieten zwischen Brasilien, Bolivien, Peru und Kolumbien, andere, wie die Awa verstecken sich in den Resten des zerstörten Atlantischen Regenwalds an der dicht besiedelten Ostküste Brasiliens.
Unter den indigenen Völkern Brasiliens sind auch etwa 50 bis 70 sogenannte Isolados. Das sind Völker, die sich – auch aufgrund der schlechten Erfahrung mit Weißen – den Kontakt ablehnen und sich in weitgehend unzugängliche Gebiete zurückgezogen haben. Aber auch dort sind sie bedroht, den illegale Goldsucher und Holzfäller dringen immer wieder in ihre Gebiete ein. Auch sind diese Gebiete oft zu klein, um ihr Überleben zu sichern. Und so kommt es immer wieder vor, dass sie Sozial- und Krankenstationen in anerkannten indigenen Gebieten aufsuchen.
Fest Moca Menina der Guajajara zur ersten Menstrution einer jungen Frau
Die Guajajara leben wie die Awa in Maranhão. Sie sind jedoch in Kontakt mit den Weißen. Das Bild zeigt die Zeremonie Moça Menina, das Fest zum Übergang vom Mädchen zur Frau.
Aldeias und Comunidades
Ein großer Teil der indigenen Bevölkerung lebt jedoch nicht völlig abgeschottet. Einige leben in ihren angestammten Territorien, die ihnen vom Staat zugestanden wurden. Oft ist das Verfahren jedoch langwierig. Viele Völker warten noch auf die Anerkennung der Territorien. Und selbst dann ist das kein Schutz vor der Bedrohung durch illegale Eindringlinge. Besonders kritisch ist die Situation der Guarani, die im Süden Brasiliens beheimatet sind. Einige Gruppen leben in Baracken und Zelten am Rand von Straßen, die durch ihre Gebiete führen. Denn die Gerichtsverfahren zur Anerkennung ihres Landes sind nicht abgeschlossen. Und oft kommt es zu Auseinandersetzung mit von den Großgrundbesitzern bezahlten Bewaffneten.
Auf den traditionellen Gebieten befinden sich oft Farmen, oder sie wurden von Firmen erworben. Der Prozess der Demarcacão ist langwierig. Und die neuen Besitzer versuchen eine Demarcacão mit allen legalen, und oft auch illegalen Mitteln zu verhindern.
Da ihnen ihre traditionellen Gebiete heilig sind, z.B. weil sich dort die Gräber ihrer Vorfahren befinden, sind sie nicht bereit, ihre Gebiete aufzugeben. Ihre Situation ist in jeder Hinsicht äußerst prekär.So lagern z.B. Gruppen an Straßen, die durch ihr Territorium führen. Dort haben sie keinerlei Zugang zu sauberem Wasser, zu medizinischer Versorgung. Auf der Suche nach Jagdwild oder zum Fischen dringen sie immer wieder in die Farmen ein. Dies führt immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzung. Die Siedlungen der Indigenen werden aber auch ohne Grund zu „präventiven“ Angriffen auf die indigenen Ansiedlungen.
Was ist „Demarcacão“ und was ist „Terra Indigena“?
Brasilien hat die Charta der Rechte der indigenen Völker ratifiziert. Und die Rechte der indigenen Völker sind auch in der Verfassung von 1988 verankert. Danach steht jedem indigenen Volk zu, auf seinem angestammten Gebiet selbstbestimmt zu leben. Der Prozess zur Anerkennung, der Demarcacão, ist jedoch bürokratisch und langwierig, und oft auch nicht erfolgreich.
Dafür gibt es in den Terras Indigenas besondere Regeln und eine weitgehende Selbstverwaltung. Der Zugang zu den Gebieten ist reglementiert und untersteht bis jetzt sowohl der Selbstverwaltung als auch der FUNAI. Die Gemeinschaften sind berechtigt, illegale Eindringlinge gefangenzunehmen und in der nächsten Stadt der Polizei zu übergeben. Sowohl der Aufenthalt zu touristischen als auch zu Forschungszwecken muss beantragt werden. Um dem zunehmenden Missbrauch beim Ethno-Tourismus Herr zu werden, plant die FUNAI ein vereinheitlichtes Verfahren.
Lange Zeit als Erfolgsgeschichte gesehen wurde der 1961 unter anderen von Marechal Rondon und den Brüdern Villas-Boas gegründete Xingu-Nationalpark am oberen Rio Xingu im Bundesstaat Mato Grosso. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Völker im Xingu-Nationalpark oft nicht in ihren traditionellen Gebieten leben, sondern auch umgesiedelt wurden. Trotzdem leben sie weitgehend geschützt und entwickeln unter den beengten Bedingungen des Nationalparks Wirtschaftsformen, die ihre traditionelle Lebensweise mit neuen ökonomischen Notwendigkeiten verbinden. Heute jedoch ist der Rio Xingu durch den Bau des Megastaudamms Belo Monte bedroht. Und auch Beeinträchtigungen für den Nationalpark am Oberlauf des Flusses sind wahrscheinlich.
Indigene in der Stadt
Am Tag der Offenen Tür in der Aldeia Maracanã bringt ein junge Indigene vom Volk Guajajara Tenetehara die Körperbemalung auf.
Doch auch in den Großstädten Brasiliens leben Indigene. Viele erliegen den Versuchungen der Moderne. Sie leben, wie so viele andere, als Gelegenheitsarbeiter oder verkaufen Kunsthandwerk. Andere werden von ihrem Volk in die Stadt geschickt, um von den Weißen zu lernen. Sie studieren Medizin oder Jura, Geschichte oder Anthropologie. Sie kehren zu ihren Völkern zurück oder verteidigen als Rechtsanwälte ihre Rechte. Andere verbreiten das Wissen über die Kultur, indem sie Literatur und Kunst schaffen.
Hey Klaus,
Danke für den kurzen Einblick in die Lebensweise der indigenen Bevölkerung Brasiliens. Ich freue mich schon darauf mehr über deren Kultur und Gewohnheiten zu erfahren. Von dem Umgang mit der Natur können wir Weißen bestimmt ne Menge lernen.
Liebe Grüße
Robert