Vom Reisen und Ankommen – Mein Weg an den Amazonas
Es gibt Themen, die mich beim Reisen und beim Schreiben fast immer begleiten, ohne dass ich auf die Idee gekommen wäre, explizit darüber zu schreiben. Und dann kommt jemand und stellt genau die Fragen, über die ich immer wieder nachdenke: „Warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nah?“ Jessica von YummiTravel zitiert in ihrer Blogparade den guten, alten Goethe. Ja, genau diesen Goethe, der mit seiner Italienreise einen der Klassiker der Reiseliteratur schrieb. Aber es war nicht Goethe, sondern einer seiner Zeitgenossen, der mich immer fasziniert und schließlich auch inspiriert hat: In Südamerika gilt Alexander von Humboldt als der wahre Entdecker Südamerikas.
Warum reise ich? Und was ist für mich wichtig dabei?
Eigentlich habe ich doch alles hier. Ich wohne in der Natur: Wandern, Trecking, Kanu fahren – alles geht hier. Sowohl die Fränkische Schweiz als auch die Stadt Nürnberg sind touristische Attraktionen. Warum zieht es mich also regelmäßig nach Südamerika?
Am Anfang machte ich auch Urlaub, einfach mal raus. Den Strand oder das Flair einer Stadt genießen. Neue Städte und Länder kennenlernen. Ich lernte oft mehr über mich als über das Land. Es war gut und wichtig, und ich entwickelte mich dabei weiter. Ja, Reisen bildet.
Leben mit den Menschen
Seit vielen Jahren reise ich nicht mehr, um einfach einmal raus zu kommen. Zu wichtig waren für mich die Erinnerungen an die Menschen, die ich auf meinen ersten Reisen kennengelernt habe. Und da gibt es noch viele Anekdoten, die es wert wären erzählt zu werden. Doch Reisebekanntschaften blieben Episoden. Und so war es nur logisch, mein Reiseverhalten und die Reiseziele anzupassen. Ich reiste dahin, wo ich schon Menschen kannte. Persönlich, von hier aus Deutschland oder virtuell. Ich reiste immer wieder an die gleichen Orte und blieb auch länger. Es entstanden Freundschaften, ich nahm am Leben der Menschen und der Stadt teil. Zunächst in Santo Domingo, später in Rio de Janeiro.
Ich schreibe das in der Vergangenheit, denn es hat sich noch einmal geändert. Oder genauer noch zweimal geändert. Und diesmal begann die Veränderung virtuell. Und dazu gibt es bald auch einen Beitrag. Via Facebook bekam ich die Einladung in die Aldeia Maracanã, ein indigenes Kulturzentrum. Ich verliebte mich sofort in diese Kultur. Und begann aktiv am Kampf der Indigenen für ihre Rechte und ihre Kultur teilzunehmen. Und das hat sich jetzt auch auf meine Art zu Reisen ausgewirkt.
Nicht nur sehen, sondern tun
Versammlungen, Treffen und Besuche in indigenen Gemeinschaften bilden jetzt ein wichtiges Element. Und das nicht mehr alleine, denn über mein Engagement habe ich meine neue Freundin kennengelernt. Und so geht die Entwicklung immer weiter vom Mitleben zum Mitmachen und Mithelfen. Aber auch wenn ich in meinem Arbeitsleben Lehrer bin, so bin ich hier doch ein Lernender.
Ein großer Teil dessen, was ich machen kann, ist allerdings aufmerksam zu sein, den Menschen Respekt entgegenzubringen. Denn nach Jahrhunderten der Missachtung und Diskriminierung glauben viele selbst nicht mehr an sich, und nicht mehr an den Wert ihrer Kultur. Und so ist es auch eine Motivation für meine Reisen, aber auch mein Schreiben, was mir einmal Marcivania von der Pastoral Indigena der Caritas gesagt hat: Erzähle den Menschen von uns und von unserer Situation, denn du weißt, wie es wirklich ist, wie wir wirklich leben.
Reisen und Ankommen
Trotzdem ist das jetzt nur vorläufig, denn auch in der Zukunft wird sich noch viel ändern. Gerade bei meinem Engagement für die Menschen und die Umwelt war es mir schon lange ein Dorn im Auge, dass ich so viel und so weit geflogen bin, so viel Energie verbraucht, und so viel CO² produziert habe. Trotzdem kann und will ich nicht auf dieses neue Leben verzichten. Und da auch der Abschied von meiner Freundin jedes Mal schwerer wird, ist es nur ein logischer Schritt, meine Basis dorthin zu verlagern und an den Amazonas zu ziehen.
Das wird aber nicht das Ende meines Reisens. Doch die Reisen werden sich noch einmal drastisch verändern. Noch mehr zu den Menschen entlang des Flusses, in die indigenen Gemeinschaften und Dörfer. Und sicher auch einmal nach Peru, an den Oberlauf des Amazonas in die Gegend aus der die Kokama, das Volk meiner Freundin stammt, und wo auch heute noch ein Großteil der Angehörigen des Volkes lebt. Es werden sich aber nicht nur die Entfernungen verringern, mein Energieverbrauch deutlich reduzieren, auch die Geschwindigkeit wird sich weiter entschleunigen.
Das Reisen hat mich verändert, und ich habe mein Reisen verändert. Es hat mich viel weiter gebracht und ich habe viel gelernt. Trotzdem ist mir nicht mehr so wichtig, was das Reisen für mich bedeutet, als vielmehr das, was ich tun kann. Denn das Reisen hat mir auch gezeigt, wie schön diese Welt ist, oder sein kann. Und ich möchte auch, dass sie so schön bleibt und auch für die Menschen, die mir so am Herzen liegen wieder, zu einem lebenswerten Ort wird.
Bildquellen
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Hallo Klaus,
ich finde deine Einstellung zum Reisen und dein Engagement vor Ort wunderbar 🙂 Gerade wenn man dann auch noch so eine persönliche Beziehung zu den Menschen vor Ort aufbaut oder sogar noch seine Freundin dort kennenlernt, wie es bei dir der Fall ist, entwickelt man eine ganz andere und viel intensivere Bindung – das stelle ich mir sehr spannend und ergreifend vor. Ich bin gespannt darauf, in welcher Art und Weise dich das Reisen noch weiter verändern wird und wünsche dir alles Gute dafür.
Lieber Gruß,
Bine
Hallo Bine,
danke für deinen lieben Kommentar. Ja, das ist sehr alles intensiv. Und aus einer allgemeinen Begeisterung für Brasilien und die indigenen Kulturen ist natürlich auch eine ganz persönliche Bindung an den Amazonas und die Kultur der Kokama geworden. Und sicher werde ich auch immer wieder darüber schreiben, wie es weiter geht.
Liebe Grüße
Klaus
Hallo Klaus,
toller Beitrag! Du hat einen ganz besonderen Blog und schreibst spannende Artikel. Ich habe mir jetzt einige deiner Beiträge durchgelesen und du hast mir Brasilien und den Amazonas näher gebracht. Eigentlich steht diese Region nicht auf meiner Wunschliste aber durch die tief gehenden Informationen hier, kann ich mir eine Reise dorthin doch vorstellen. An dieser Blogparade habe ich auch teilgenommen und mich gefragt, warum ich reise.
Herzliche Grüße
Sabine
Hallo Sabine,
danke für deine Komplimente. Ich freume mich sehr, dass ich dein Interesse für fie Region wecken konnte. Dsa ist mir mit deinem Artikel über Sylt auch so gegangen.
Liebe Grüße
Klaus
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