Rock Nacional – Überblick über brasilianische Rockmusik
Dass internationale Rockbands in Südamerika und auch in Brasilien große Erfolge feiern, ist vielleicht bekannt. Weniger bekannt ist, dass es in Brasilien selbst auch viele Rockgruppen gibt, die den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Ein paar möchte ich euch hier vorstellen:
Capital Inicial
Im Jahr 1983 löste sich die Band Aborto Electrico auf. Daraufhin gründeten die Brüder Fé (Schlagzeug, Percussion und Backgroundgesang) Flavio Lemos die Band Capital Inicial. Leadsänger ist, mit kurzer Pause, bis heute Dinho Ouro Preto. Es entstanden bis jetzt zwölf Studioalben und fünf Alben mit Livemitschnitten.
Legião Urbana
Renato Russo war Bandkollege von Fé Lemos bei Aborto Electrico. Nach deren Auflösung gründete er mit Marcelo Bonfa die Band Legião Urbana. 1983 kam Dado Villas-Boas dazu, 1984 Renato Rocha. Von 1985 bis 1997 entstanden acht Studioalben und bis 2006 sechs Livealben.
Titãs
Angefangen haben Titãs 1982 mit alternativem Rock Pop, doch reichte ihre Bandbreite über New Wave, Alternative Rock bis Punk Rock. Von nachdenklichen Balladen bis schnellen aggressiven Stücken. 2001 wurde Gitarrist Marcelo Fromer von einem Motorrad angefahren und starb zwei Tage später. Gut ein Jahr später stieg Nando Reis aus der Band aus. Nach dem Tod von Marcelo Fromer und Cassia Eller gelang es ihm nicht mehr, an die Produktion eines weiteren Albums zu denken. 22 Alben, 19 Tourneen und 10 DVDs sowie geschätzte sechs Millionen Alben machen die Titãs zu einer der erfolgreichsten brasilianischen Rockbands.
Nando Reis
Nando Reis war nicht nur Bassist und Sänger der Titãs. Er ist erfolgreicher Komponist, Songschreiber und Produzent unter anderem für Skank, Jota Quest und Cassia Eller. Nach seinem Ausscheiden bei Titãs startete er eine erfolgreiche Solokarriere. Zusammen mit drei Alben, die schon während seiner Zeit bei Titãs entstanden veröffentlichte er bis jetzt vierzehn Soloalben.
Ira!
Ende der siebziger Jahre gründete Edgar Scandurra die Punkband Suburbia. Später kam Nasi dazu, und 1981 traten diese beiden erstmals auf einem Festival unter dem Namen IRA auf. Um nicht mit der irischen Terrororganisation in Verbindung gebracht zu werden und dem Ursprung des Namens, Wut, zu Geltung zu bringen, änderten sie sie Schreibweise in Ira! mit Ausrufezeichen. Von 1985 bis 2007 veröffentlichten sie elf Studioalben, drei Livealben und zahllose Singles.
Cassia Eller
Cassia Eller war eine der wichtigsten Stimmen der brasilianischen Rockmusik in den 90er Jahren. Sie veröffentlichte acht Alben während ihres kurzen Lebens, denn am 29.12.2001 starb sie im Alter von nur 39 Jahren an einem Herzinfarkt. Mehr noch als mit ihren Alben war Cassia Eller mit ihren Liveauftritten im Blick der Öffentlichkeit. Unter anderen bei Rock in Rio III vor 190.000 Zuschauern im Januar 2001. Von Mai bis Dezember 2001 hatte sie weitere 95 Auftritte.
Barão Vermelho
Nach dem Besuch eines Queen Konzerts beschlossen die Studenten Gutto Goffi (Schlagzeug) und Maurício Barros (Keyboard) eine Band zu gründen. Dazu kamen Dé (Bass) und Freijat (Gitarre), und mit Cazuza (Gesang) war Barão Vermelho komplett. 1985 stieg Cazuza aus, und Freijat übernahm seine Rolle als Sänger. Die Band nahm zwölf Studioalben auf und fünf Livealben. 1985 eröffnete sie Rock in Rio.
Cazuza
Nach seinem Ausstieg bei Barão Vermelho startete Cazuza eine erfolgreiche, wenn auch kurze Solokarriere. Denn schon zwei Jahre später wurde eine Infektion mit dem HI-Virus diagnostiziert, der er 1989 erlag. Außer vier Soloalben zu seinen Lebzeiten, wurden zwei Alben posthum veröffentlicht. Trotz seines frühen Todes mit 32 Jahren hinterließ er in nur zehn Jahren 132 Aufnahmen, 78 unveröffentlichte Stücke und 34 für andere Interpreten.
Freijat
Im Jahr 2001 beschlossen Barão Vermelho ihre erste Pause zu nehmen. Und Freijat, Gitarrist, und nach dem Ausscheiden von Cazuza auch Sänger, startete eine Solokarriere. Dabei entstanden bis jetzt sechs Soloalben und zahlreiche Singles. 2011 trat er bei Rock in Rio auf.
Charlie Brown Jr.
1992 gründete Chorão zusammen mit Champignon, Thiago Castanho, Marcão und Renato Pelado die Skate Punk Band Charlie Brown Jr. 2013 starb Leadsänger und Gründer Chorão an einer Überdosis Kokain. Bis dahin entstanden zehn Studioalben, drei Livealben und 6 DVDs. 2005, 2010 und 2013 erhielt die Band jeweils den Grammy Latino für das beste brasilianische Album.
Jota Quest
Jota Quest wurden 1993 in Belo Horizonte gegründet und veröffentlichten 1995 ihr erster Album. Ihr Stil ist beeinflusst von Pop, Rock, Alternativ Rock, Acid Jazz und Soul. Das zweite Album Volta ao Planeta erreicht mit über 250.000 Verkäufen Platinstatus.Bis jetzt erschienen acht Studioalben und vier Livealben. Die Kompilation Mega Hits im Jahr 2013 war das erste Album das nur digital erschien. Und in der digitalen Zeit und Welt sind sie auch äußerst erfolgreich und mit drei Millionen bezahlten Downloads Nummer eins in Brasilien.
Detonautas Roque Club
Explodierende Internetsurfer, detonadores plus internautas, der Name spiegelt den Beginn der Band im Jahr 1997, deren Gründungsmitglieder sich in einem Chatroom kennengelernt haben. Nach mehreren Umbesetzungen stieß mit Renato Rocha ein großer Name zur Band. Die Band wurde von Gabriel, o Pensador gefördert, und landete schon mit dem ersten Album mehrere Hits. 2002 trat sie mehrmals als Vorgruppe der Red Hot Chili Peppers auf. Der Gitarrist Rodrigo Neto starb 2006 im Alter von nur 29 Jahren, als ihn bewaffnete Kriminelle überfielen. Die Trauer der Band war immens, und so wurde Philippe zunächst weiter nur als Vertragsmusiker beschäftigt, ehe er 2008 reguläres Bandmitglied wurde. Bis jetzt erschienen fünf Studioalben, zwei Livealben und drei DVDs. Seit 2014 erschienen nur mehrere Singles.
Mamonas Assassinas
Eine spektakuläre Karriere stand der Band Mamonas Assassinas bevor. Fun Punk, Comedy Rock oder einfach nur Klamauk, nichts war ihnen heilig. Im Gegensatz zur guten Laune steht der tragische Tod der Bandmitglieder bei einem Flugzeugabsturz. In der kurzen Karriere entstand nur ein Studioalbum, Ein weiteres und eines mit Liveaufnahmen wurden posthum veröffentlicht. Trotzdem sind die Mamonas Assassinas auch über zwanzig Jahre nach ihrem Tod noch Kult und Vira Vira darf auf keiner Party fehlen.
Diese Übersicht ist natürlich vollkommen unvollständig und es gibt noch viele Bands vorzustellen.
Bildquellen
- selfie-studio-z: © https://klausreuss.manaus.br
Spannendes Thema 🙂
Coole Auflistung. Meine Youtube Videoliste ist jetzt um einiges länger. Danke 🙂
Lieber Klaus,
das ist wirklich ein interessantes Thema für einen Artikel. Am besten haben mir die Balladen und davon vor allem die von Titãs gefallen.
Ich muss gestehen – das findest du wahrscheinlich grausig! – ich höre sehr gerne Brasilian Funk! Als Zumba Trainerin hatte ich das ein oder andere Lied in diesem Stil und fand das immer genial. Auch heute habe ich die Lieder manchmal im Auto laufen. Und als ich dann in Brasilien war, fand ich es voll toll, diesen Still im Radio zu hören 🙂
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
danke für deinen ausführlichen Kommentar. Funk do Brasil finde eigentlich gar nicht so grausig, zumindest die Musik. Anders sieht es da schon bei den Texten aus, die teilweise doch sehr frauenfeindlich und gewaltverherlichend sind. Deswegen spiele ich auch kaum Funk in der Sendung. Aber bei Zumba sind es oft Stücke, die völlig unproblematisch sind.
Liebe Grüße
Klaus
Hallo Klaus,
Tolle Liste – ich kannte bislang noch keine der Bands. Als ehemaliges Skater Kid der 90er finde ich Charlie Brown Jr. echt super. Danke für die Musik!
Gruß Daniel
Ooooh, ich lebe glaube ich hinter dem Mond, was Musik angeht…
Hallo Klaus!
Ich gebe zu, ich merke mir nur selten Bandnamen und noch seltener Liedertitel – es sei den es passt zu meinem langjährigen Arbeitsgebiet Kindersport. Ich gehe seit 4 Jahren zum Zumba und könnte dir nicht ein Liedertitel nennen und dabei steht unsere Trainerin auf Lateinameriknanische Rhythmen. Für mich ist das Thema völliges Neuland und Youtube und iTunes werden in der nächsten Zeit eine Menge für mich abspielen.
Danke, Susanne
Vielen Dank für die Vorstellung der tollen Bands!
Da sind einige echt tolle Stücke dabe, da muß ich mir die Bands mal näher ansehen. Ich habe einige Stücke direkt meinem Freund vorgespielt, der sehr an Musik interessiert ist. Er war auch sehr begeistert.
LG
Ina
Hi Klaus,
das ist wirklich mal ein spannender und außergewöhnlicher Artikel! Da werde ich mich noch einmal in Ruhe mit beschäftigen. Ich muss gestehen, dass ich bislang keine der Bands kannte – vielen Dank für den spannenden Einblick.
Liebe Grüße
Luisa
Hallo Klaus,
das ist ja mal ein toller Beitrag mit schönen Eindrücken von der Rock-Musikwelt Brasiliens. Ich mag das ja, wenn es nicht nur um Englisch in der Musik geht.
Diese Eindrücke aus dem sonnigen Brasilien sind genau richtig bei den winterlichen Temperaturen.
Sonnige Grüße,
Nicolo
Hallo Klaus,
tolle Idee für einen Artikel. Ich kann jetzt gar nicht sagen, welche Band mir am besten gefallen hat. Die Band Detonautas Roque Club war mir bereits ein Begriff, da meine Freundin lange in Brasilien gelebt hat und sie bei ihr oft läuft.
Gruß Anja
Hi Klaus, kenne fast alle Bands, da ich fast 10 Jahre lang regelmäßig in Brasilien war. Chorao von CharlieBrownjunior habe ich persönlich kennenlernen dürfen,bin auch extra mal nach Rio zu einem Konzert geflogen. Leider hat sich wenige Monate nach Choraos Tod auch sein Bassist Champignon das Leben genommen.Hinzufügen möchte ich noch die Band Trio Mocoto ( Samba Rock). Sehr coole Mucke. Weiß gar nicht, ob es die noch gibt? Ansonsten toller Beitrag.
Ate logo
Marco
Hallo Marco, danke für deinen Tipp! Die Liste ließe sich tatsächlich noch ziemlich erweitern. Immerhin fehlen noch Bands wie Engenheiros de Hawaii, Paralamamas do Sucesso, Plebe Rude oder Raimundos.
Aber deinen Tipp muss ich mir mal anhören!
Liebe Grüße, Klaus