Rio de Janeiro – So vielschichtig wie die Stadtteile
Wer Copacabana nicht gesehen hat, nicht auf dem Zuckerhut und dem Christo Redentor war, war nicht wirklich in Rio. Wenn ihr aber die Stadt besser kennenlernen möchtet, und vielleicht auch ein bisschen verstehen wollt, empfehle ich euch einige Stadtteile anzuschauen, zu erlaufen und zu erfahren. Sie bieten ein Bild, das so vielschichtig ist, wie Rio de Janeiro.
Centro und Lapa
Die Stadtteile Centro und Lapa bilden das historische Zentrum Rios. Und obwohl touristisch weitgehend unterschätzt gibt es gerade in Centro einiges zu sehen. Angefangen mit der Treppe nach Santa Teresa und den Arcos da Carioca in Lapa geht es in Centro am Sitz von Petrobras vorbei, der nicht nur architektonisch ein Zeichen des modernen Brasiliens ist, sondern auch ein Symbol für den Korruptionsskandal Lava Jato. Der Bereich um die Avenida Rio Branco ist das wirtschaftliche Zentrum Rio de Janeiro. Außer modernen Bank- und Verwaltungstürmen gibt hier auch zahlreiche Restaurants und Straßencafés. Auch die Kathedrale von Rio ist durch ihre moderne Architektur ein Wahrzeichen. Die Kirche Candelaria ist jedoch nicht durch ihre koloniale Architektur bekannt, sondern durch das Massaker an Straßenkindern im Jahr 1993. Auf dem Weg von der Kathedrale Richtung Hauptbahnhof befindet sich das geschäftige Marktviertel.
Maracana
Weiter am Hauptbahnhof Central do Brasil vorbei geht es zum Sambadrom, in dem normal die große Karnevalsparade stattfindet, währen der Olympischen Spiele jedoch auch zahlreiche Wettkämpfe. Und noch weiter in diese Richtung liegt das weltberühmte Stadion Maracana, das einmal 200.000 Plätze bot. An seiner Seite, nur ein paar Meter davon entfernt, befindet sich das Gebäude des alten Museu do Indio. Nach dem Umzug nach Botafogo hielten Indigene das Gelände besetzt und errichteten das Kulturzentrum Aldeia Maracana, das im Vorfeld des Confed-Cup gewaltsam geräumt wurde. Noch heute protestieren indigene Aktivisten vor dem Gelände und veranstalten Rituale.
Catete, Cinelandia, Gloria
Die Stadtteile Catete, Cinelandia und Gloria sind architektonisch wenig spektakulär und auch nicht so geschäftig wie Centro. Es gibt jedoch hier kleine, einfache Restaurants und Kneipen, die sich jedoch innerhalb der Gebäude im offenen Erdgeschoss befinden. Auf dem dem Weg vom Centro in die Stadtteile bieten sie jedoch einen Einblick in das Leben der Millionenstadt.
Flamengo, Botafogo, Laranjeiras
Die Stadtteile Flamengo, Botafogo und Laranjeiras sind gepflegt und grenzen an die Guanabara Bucht. Hier leben Künstler, ältere Leute und eine Mittelschicht, die weder besonders arm noch besonders reich ist. Das Leben ist gleichzeitig großstädtisch und gelassen. Und die Straßen verströmen einen einzigartigen Flair. Eines der Museen in Botafogo ist das neue Museu do Indio, das jedoch im Moment auf unbestimmte Zeit geschlossen ist.
Humaita, Lagoa, Jardim Botanico
Auch wenn die Stadtteile Humaita, Lagoa und Jardim Botanico weder an die Guanabara Bucht noch an den Atlantik grenzen, haben sie spektakuläres zu bieten: An der Lagune Lagoa de Freitas, dem botanischen Garten, mehreren Parks und unterhalb der Christusstatue. Und obwohl die Hauptstraßen chronisch verstopft sind, bieten diese Stadtteile ein Flair, das Flamengo und Botafogo in nichts nachsteht.
Copacabana, Ipanema und Leblon
Hinter den weltberühmten Stränden erstrecken sich geschäftige Stadtteile, die von Copacabana Richtung Leblon nobler und wohlhabender werden. Gerade in den Nebenstraßen und Passagen von Copacabana gibt es zahlreiche Restaurants, in denen eine große Auswahl an Refreicoes, den Tagesgerichten zu günstigen Preisen angeboten werden.
Orla, São Conrado und Rocinha
Ein besonders spektakuläres Erlebnis bietet eine Fahrt oder gar ein Spaziergang entlang der Küstenstraße Avenida Niemeyer Richtung Sao Conrado. Auf der Landseite ragen die Berge steil in den Himmel, die anderen Seite der Straße fast schon über den Klippen des Atlantiks. Das Tal von Sao Conrado bietet einen spektakulären Gegensatz anderer Art: Auf der einen Seite der noble Golfclub, auf der anderen Seite klettert Rocinha, eine der größten Favelas der Welt die steilen Berghänge empor. Weiter Richtung Barra die Küste entlang wird die Straße noch spektakulär: Die zweistöckige Stadtautobahn Novo Elevado do Jao klammert sich teils an die Felsen oder führt auf Stelzen über die Klippen.
Barra da Tijuca und Recreio
Barra de Tijuca wurde als neues, modernes Zentrum geplant. Mit der Achse Avenida das Americas in Ost-West-Richtung und der Avenida Ayrton Senna als Nord-Süd-Achse ist Barra ganz auf den Autoverkehr zugeschnitten. Entlang der Achsen reihen sich Shopping-Center aneinander. Dazwischen und dahinter eingezäunte, noble Hochhausgruppen, an Knotenpunkten das ein oder andere Steakhaus. Echtes Stadtleben entsteht nur an wenigen Ecken, wie Barra Downtown. Dass sich der Busbahnhof Alvorada an der Avenida Ayrton Senna liegt, scheint aber die Busfahrer zu animieren, sich als Formel 1 Piloten zu fühlen. Recreio de Bandeirantes, oder kurz Recreio ist das kleine Geschwisterchen von Barra. Nicht wegen der Ausmaße der Shopping-Malls oder der Condominios, es ist einfach etwas wenigen nobel, hatte dafür mit dem Café de Paris aber einen Nachtclub, in dem die Superstars des Baile Funk wöchentliche Auftritte hatte.
Pedra da Guaratiba
Ein fast entgegengesetztes Bild liefert Pedra de Guaratiba auf der anderen Seite der Serra. Es wirkt immer noch wie ein verschlafenes Fischerdorf, obwohl die Zerstörung der malerischen Lagune beinahe greifbar ist. Trotzdem entführt ein Sonntagsspaziergang über einen kilometerlangen Steg über die Lagune fast in eine andere Zeit. Auf kleinen, schattigen Plätzen am Fischmarkt den Nachmittag mit einem typisch brasilianischen Bier genießen und dazu ein paar Pasteis de Camarao. Und als Abschluss ein Abendessen mit Livemusik bieten ein Kontrastprogramm zum teils hektischen Alltag in Rio de Janeiro.
Campo Grande und Bangu
Lange Zeit war Campo Grande eine einfache, aber halbwegs sichere Vorstadt Rio de Janeiros. Langsam laufen Campo Grande und das benachbarte Bangu jedoch dem Marktviertel in Rio Centro die Vormachtstellung als Billigparadies ab. Gleichzeitig entstehen entlang der Estrada Cachamorra reihenweise Condominios, nicht ganz so nobel wie im Barra, trotzdem verändern sie langsam das Bild und den Charakter von Campo Grande. Aber auch wenn die Verbindungsstraße vierspurig ausgebaut wurde, und der Platz umgebaut, hat zum Beispiel die Siedlung Correia und der Platz Largo da Correia viel von seinem alten Charakter erhalten.
Bildquellen
- Gerichtshof des Bundeslandes Rio de Janeiro: © https://klausreuss.manaus.br
- Fusca: © https://klausreuss.manaus.br
- Seitenstrasse in Correia: © https://klausreuss.manaus.br
Ich finde deine Infos zu den Stadtteilen sehr hilfreich. Leider steht Brasilien nicht auf meiner Liste für meine Südamerikareise nächstes Jahr… vielleicht sollte ich mir das noch einmal überlegen 😉
Hallo Vanessa,
danke für dein Kompliment. Ja, Brasilien ist es sicher wert, auf der Liste zu stehen. Aber unterschätze die Entfernungen in Südamerika nicht. Was steht denn noch mit drauf?
Liebe Grüße
Klaus