Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung unterstützt Putschisten in Brasilien
Unfassbare Anschuldigungen, die sich nicht zu 100 % belegen ließen, aber nach öffentlich zugänglichen Dokumenten nicht aus der Luft gegriffen waren. Doch was sich in dann in Recherchen ergab, stellt alles in den Schatten.
Vor wenigen Wochen erfuhr ich in einem Gespräch, dass eine deutsche parteinahe Stiftung die brasilianische Bewegung für ein freies Brasilien (MBL) unterstützen solle. Bei der Stiftung handelt es sich um die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF), die der FDP nahesteht. Nach Informationen eines ehemaligen Mitarbeiters soll die Friedrich Naumann Stiftung die MLB auch finanziell unterstützen. Parteinahe Stiftungen leben von Spenden, und nicht direkt von Steuergeldern, jedoch sind sie gemeinnützig und Spenden können steuerlich geltend gemacht werden.
Was ist das Movimento Brasil Livre?
Die MBL ist eine der Organisatoren der Proteste gegen Dilma Rousseff. Hauptanliegen waren zunächst, ein Arbeitsrecht und Arbeitsschutz für Hausangestellte zu verhindern, sowie die Absenkung der Altersgrenzen für Erwachsenenstrafrecht auf 16 Jahre. Schon an letzter Forderung lässt sich die Nähe zur Bancada da Bala ablesen, einer Organisation rechtsgerichteter bis rechtsradikaler Abgeordneter, die 2014 unter anderem auch Wahlkampfspenden des privaten Gefängnisbetreibers Umanizzare erhielten um genau diese Forderung umzusetzen. Umanizzare ist die Betreiberfirma des Gefängniskomplexes Anisio Jobim, in dem im Januar beim Massaker von Manaus 57 Häftlinge bestialisch ermordet wurden.
Auch bei den Demonstrationen im Frühjahr 2016 war einer der Hauptredner der rechtsradikale Abgeordnete Jair Bolsonaro. Bei der Debatte um die Absetzung Dilma Rousseffs bezog sich Bolsonaro auf einen „Kampf der Militärdiktatur gegen den Kommunismus“, und die aus seiner Sicht notwendige Inhaftierung von Lula da Silva und Dilma Rousseff durch die Foltergeneräle.
Im August 2016 lobte Beate Forbriger in der „Freiheit“, dem Organ der Friedrich Naumann Stiftung, wiederholt die MBL als wichtigen Vertreter der Zivilgesellschaft. Etwa drei Monate bevor Aktivisten dieser Organisation das Parlament besetzen und einen Putsch des Militärs forderten. Belege für eine offizielle Unterstützung des MBL durch die Friedrich-Naumann-Stiftung gibt es nicht, jedoch beschreibt der Text auf der Hauptseite der „Freiheit“ zu Brasilien, dass Vertreter der Zivilgesellschaft gefördert würden, darunter die „Estudantes pela Libertade“ (EpL). Und die EpL ist nach eigenen Aussagen des MBL einer seiner wichtigen Bestandteile und leiste die Organisation vieler Basisgruppen.
Friedrich Naumann Stiftung und die Partei DEM
Die EpL ist allerdings nicht die einzige Organisation, mit der die Friedrich Naumann Stiftung eine Partnerschaft unterhält. Schon vor der Umbenennung 2007 in Democratas unterhielt Friedrich-Naumann-Stiftung enge Kontakte zur Partida Frente Liberal. Auch wenn die Stiftung damals nur mit dem Landesverband Santa Catarina kooperierte, muss doch klar gewesen sein, mit welcher Partei man sich da einließ. Schon 1998 waren u.a. Abgeordnete gewählt worden, die 2007 die Partei auf einen rechtsaußen Kurs führten. Auch führte die PFL die Liste der wegen Korruption verurteilten Mandatsträger mit über 20 % deutlich an.
Es war aber nicht nur Korruption: Neben Rodrigo Maia, heute Präsident des Abgeordnetenhauses, und Ronaldo Caiado, heute Fraktionschef der DEM im Senat, war 1998 auch Hildebrando Pascoal, besser bekannt als „Abgeordneter Motorsäge“ in das Abgeordnetenhaus gewählt worden. Pascoal war Oberst der Militärpolizei und Anführer einer Todesschwadron. Gegen ihn liefen schon vor der Wahl Verfahren wegen mehrfachem Mordes, Drogenhandels und Organisierter Kriminalität. 1997 hatte er auch einen Belastungszeugen ermorden lassen. Ein halbes Jahr nach der Wahl wurde er aus Parlament und Partei ausgeschlossen und zu etwa 100 Jahren Haft verurteilt. Schwer zu glauben, dass Parteiführung und Mitkandidaten von dem Verfahren nichts wussten.
Friedrich Naumann Stiftung und Ronaldo Caiado
Erster Ansprechpartner der Friedrich Naumann Stiftung bei der – damals noch – PFL war der Abgeordnete Onyx Lorenzoni aus dem Bundesstaat Santa Catarina, der auf der Seite der FNF als Kooperationspartner bezeichnet wird. Doch reichen die Kontakte der Friedrich Naumann Stiftung viel weiter in die Partei. So wird der Fraktionsvorsitzende der DEM im Senat, Ronalo Caiado, als langjähriger Weggefährte Lorenzonis vorgestellt und seine Aussagen z. B. zum Impeachmentverfahren gegen Dilma Rousseff werden völlig unkritisch übernommen.
Doch wer ist dieser Ronaldo Caiado? Er ist Spross einer der alten Großgrundbesitzerfamilie Caiado, die im Bundesstaat Goias schon seit der Kaiserzeit alle wichtigen Positionen besetzt hielt. In den späten 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war er Vorsitzender der Vereinigung der Großgrundbesitzer Uniao Democratica Ruralista. Von 1991 bis 1995 und 1999 bis 2014 Abgeordneter, wie schon oben erwähnt 1998 zusammen mit Hildebrando Pascoal gewählt. Seit 2015 Senator und aktuell Fraktionsvorsitzender der DEM im Senat.
Im Jahr 2014 veröffentlichte Reporter Brasil die Lista Suja de Trabalho Escravo, auf der Betriebe aufgeführt sind, die in flagranti beim Einsatz von Sklavenarbeit erwischt wurden. Die Vereinten Nationen werten diese Liste als einen wichtigen Baustein im Kampf gegen die Sklaverei. Anders Ronaldo Caiado, und das mit Grund, denn auf der Liste erscheinen enge Familienmitglieder des Senators. Und so verwundert es nicht, dass auch Ronaldo Caiado sich um das Thema kümmert. Schon 2012 war er Mitautor eines Gesetzesentwurfs, der die Definition von Sklavenarbeit aufweichen sollte. Und noch heute ist er an einer Koalition beteiligt, die die Veröffentlichung dieser Liste vehement zu verhindern sucht.
Im Karneval 2017 griff Caiado die Sambaschule Imperatriz scharf an, die sich in ihrem Umzug für der Schutz der Indigenen und der Umwelt einsetzte. Er drohte mit rechtlichen Konsequenzen und einer Kommission, die die thematische Ausrichtung von Karnevalszügen kontrollieren sollte.
Jair Bolsonaro – der Kreis schließt sich
Jair Bolsonaro habe ich schon oben erwähnt als eine der Führungsfiguren der MBL. Für die politische Ausrichtung von Jair Bolsonaro gibt es nur eine Bezeichnung: Er ist offen rechtsradikal: Rassistisch, homophob, frauenfeindlich und demokratiefeindlich.
Bolsonaro tritt nicht nur für die Absenkung der Altersgrenze für Erwachsenenstrafrecht auf sechzehn Jahre ein, eine Regelung, die fast nur farbige und schwarze Jugendliche aus armen Familien treffen würde. Er behauptet auch, dass Indigene Tiere wären, und keine Menschen.
Er behauptet regelmäßig, dass Homosexualität bösartiges Verhalten wäre. Und in einem Interview mit der lesbischen, kanadischen Schauspieler Ellen Page fordert er Eltern auf, ihre Kinder zu schlagen, damit sie nicht homosexuell würden. Und gibt diese Einstellung gar noch als Zeichen der Liebe zu den Kindern aus.
Zu Abgeordneten Maria de Rosario von der Arbeiterpartei PT sagte er, der einzige Grund, sie nicht zu vergewaltigen, wäre für ihn, dass sie es nicht verdiene und sehr hässlich wäre. Er glaubt also wirklich, dass es für eine Frau eine Ehre wäre von ihm vergewaltigt zu werden. Das ging dann sogar der ihm sonst wohlgesonnenen Justiz zu weit, so wurde er wegen „Aufstachelnder Hetze zu Vergewaltigung“ angeklagt.
Wie schon oben erwähnt fordert er ein Eingreifen des Militärs und eine Rückkehr der Foltergeneräle aus der Zeit der Militärdiktatur von 1964 bis 1988. Und rechtfertigt auch Folter und monatelange Isolationshaft um Geständnisse zu erpressen.
Bolsonaro ist zwar nicht direkt Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung, aber er ist eng mit der von der Stiftung geförderten MBL verbunden. Und jetzt schließt sich der Kreis, denn als Kandidat zum Vizepräsidenten unter Bolsonaro ist Ronaldo Caiado im Gespräch, der Fraktionsvorsitzende vom Kooperationspartner der Friedrich Naumann Stiftung.
Fazit
Die „Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit“, wie sie seit einiger Zeit heißt, eine politische Stiftung, die der „Freiheitlich Demokratischen Partei“ nahe steht, unterstützt in Brasilien Gruppen und Politiker, die weder freiheitlich sind noch sich auf Boden der brasilianischen oder deutschen freiheitlich, demokratischen Grundordnung bewegen. Im Gegenteil: Freiheitliche Grundwerte wie die Meinungsfreiheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Gleichbehandlung ohne Ansehen von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft oder sexueller Ausrichtung sind ihnen ein Dorn im Auge. Ihre Werte heißen Sklaverei, Folter und Diktatur.
Auf ihrer Homepage erklärt die Friedrich-Naumann-Stiftung, dass nur Personen und Organisationen gefördert würden, die ihre Werte teilten. So stellt sich die Frage nach den „Werten“, für die die Stiftung, aber auch die FDP stehen. Sind es vielleicht auch die „Werte“, für die die Bewegung MBL steht?
In der aktuallisierten Version der Seite der FNF wurden die Namen der Politiker der DEM gelöscht und die „Estudiantes pelo Libertade“ durch ihre englische Bezeichnung „Studendt for Liberty Brazil“ ersetzt. Die ursprünglichen Posts der FNF sind jedoch dokumentiert und nachweisbar.
Bildquellen
- Platz der Drei Gewalten: © https://klausreuss.manaus.br
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