Dia do Indio – Interview mit Eliana Kokama
Am 19. April war der Dia do Indio in Brasilien, der auch in allgemeinen Schulen begangen wird. Eliana hat zwei Kinder und ich möchte sie fragen, wie sie den Dia do Indio erlebt hat Sie sagt: Ich habe zwei Kinder. Sie gehören zum Volk Mura, der Große ist 6 Jahre alt und die Kleinere ist vier Jahre alt. Der Junge heißt Arú, das bedeutet in der Sprache Kokama „Frosch“, das Mädchen heißt Tatá, das bedeutet in der Sprache Mura „große Schlange“.
Wie war der Dia do Indio an der Schule von Tamires?
Für mich war es ein richtiger Schreck, denn sie hat ihre Kultur, und hatte auch ihre Bemalung. Aber als sie aus der Schule zurückkam, hatte sie ein ganz andere Sicht auf das Volk, dem sie angehört. Ihre Bemalung war ein Spiel und sie machte Töne, die nicht zu der Kultur gehören. Ich war sehr erschrocken, denn sie kam so zurück, als ob ihre Kultur ein Spielzeug wäre. Aber unsere Kultur ist für uns ernsthaft, unsere Bemalung ist ernst genau wie unsere Musik.
Und in der Schule von Aru war es genauso?
Nein, in der Schule von Aru habe ich vorher mit der Lehrerin gesprochen. Und ich wollte nicht, dass das gleiche geschieht wie an der Schule von Tatá. Ich wollte den Mitschülern einen originalen Eindruck von unserem Volk vermitteln: Die Art, wie wir Leben, unsere Musik, unsere Kultur. Ich bin hingegangen, und habe einen Vortrag gehalten über unseren Alltag, wie wir leben, über unseren Fischfang und wie wir so jeden Tag leben. Wir sind ein Volk, haben unsere Kultur, unsere Religion. Wir haben unseren eigenen Glauben, unsere eigene Sprache. Habe die Dinge erklärt, die Aru macht: Unsere Musikinstrumente, die er spielt. Wie er Pfeil und Bogen benutzt. Dass er weiß, welche Ausrüstung er zum Fischen braucht. Wie man sich auf dem Fluss bewegt. Das alles ist die Kultur eines Indios: Seine eigene Nahrung zu fischen, seine eigene Nahrung zu erjagen.
Du hast mir erzählt, dass es viel Diskriminierung gibt, viel Respektlosigkeit. Wie waren die Reaktionen seiner Mitschüler auf deinen Vortrag, und auf Arús Kultur?
Sie waren sehr überrascht, denn sie hatten überhaupt keine Vorstellung wie das Leben der Indios wirklich ist, sie haben überhaupt keinen Kontakt mit dieser Realität. Für sie ist ein Indio jemand, der im Urwald lebt, nackt ist, Menschen frisst. Das ist die Vorstellung der Kinder in der Schule von einem Indio.
Aber nach dem Vortrag verstanden sie, dass wir Indios sind, die von Indigenen abstammen, dass wir unsere Kultur haben. Wie wir unsere Kultur zurückgewinnen, und an die neue Generation weitergeben, die unsere Kinder sind. Unseren Kampf, das Wissen wiederzugewinnen, das kulturelle Wissen.
Wir sprechen hier über Indigene in Brasilien und wir hören Musik von ihrem Volk. Für mich, und sicher auch für viele von Euch, erinnert die Musik doch an indigene Musik aus Peru.
Wir, das Volk der Kokama kommt aus Peru, wir sind Nachfahren von dort wo die Mehrheit der Komama lebt. Ihre Reden, die Sprache, die Rituale, die Religion stammen alle aus der Region Iquitos. Viele der Krieger hier sind Nachkommen, nur wenige sprechen die Sprache. Aber es gibt sie, auch hier in Manaus. Hier leben um die 800 Kokama, in Peru um die 5000 und etwa 4000 auf der brasilianischen Seite der Grenze.
Ich habe Eliana gefragt, ob es außer den Veranstaltungen an den Schulen auch Aktivitäten in den Comunidades selbst gibt, und wenn ja, welche.
Ja, denn an den Schulen gibt eine ganz einfache Veranstaltung, die sich um das alltägliche Leben drehen. In den Gemeinschaften ist unser Volk, sind unsere Verwandten da, die unsere Sprache sprechen, die unsere Tänze und die Körperbemalung beherrschen. Es ist das gute Wissen der verschiedenen Ethnien da. Und natürlich feiern wir den Dia do Indio mit Tänzen, typischem Essen und typischen Getränken unserer Kultur. Es gibt auch Spiele wie Pfeil und Bogen, das Werfen des Speers, bei dem es Wettbewerbe für das Werfen auf ein Ziel und für den Weitwurf gibt. Aber auch Sackhüpfen und Tauziehen sind Teil unserer Spielen.
Das kenne ich doch auch aus Deutschland.
Ja, aber bei uns müssen immer zwei in einem Sack hüpfen, ob das auch in Deutschland so ist, weiß ich nicht.
Du hast auch von Essen gesprochen. Was sind die typischen Gerichte?
Wir machen Moqueca, wir machen Monjica und Farofa da Saúva, das sind geröstete Ameisen.
Geröstete Ameisen?! Ich erinnere mich, dass wir auf einem indigenen Markt waren, und ich habe sie probiert: Echt lecker! Und was ist Moqueca?
Moqueca ist ein Gericht aus in Bananenblätter gewickelten Fisch. Und der Fisch wird im Bananenblatt gegrillt. Wenn das Bananenblatt schwarz wird, ist das Essen richtig durch. Der Fisch wird gegrillt, behält aber seinen eigenen Saft. Und was ist Monjica? Monjica ist völlig anders. Da wird der Fisch in einer Brühe gekocht, dazu kommen Bananen und Goma und Tucapi der Maniokwurzel. Der Fisch muss richtig gut gekocht werden.
Gibt es auch typische Getränke. Ich habe da etwas von indigenem Schnaps gehört.
Es gibt Getränke, traditionelle Getränke, die wir handwerklich herstellen. Es ist sehr lecker und süß, aber wenn mal viel davon trinkt, wird man ganz schön angeschickert. Es gibt Taruba, Caxiri, Caicuma und Bororoca. Das sind die Getränke, die wir auf unseren Events trinken.
Aus was und wie wird das gemacht?
Gut, Caxiri wird aus Ananas und Zuckerrohr hergestellt. Die Ananas wird gerieben und der Zuckerrohrsaft dazugegeben. Das Ganze durchläuft einen 14-tägigen Prozess der Gärung. Wir stellen also unsere Getränke schon Wochen vor dem Fest her.
Der Alkohol kommt also aus der Pflanze und wird nicht extra zugegeben?
Ja, genau. Der Alkohol kommt aus der Frucht oder der Pflanze. Taruba wird komplett aus Macaxeira, einer Maniokart mit wenig Gift, hergestellt. Sie wird auch gerieben und durchläuft den gleichen Prozess.
Das ist ja interessant, dass die Kinder Namen von Tieren bekommen.
Und geröstete Ameisen klingen interessant! Den Fisch in Bananenblättern hätte ich jetzt gerne. Mit dem Ananasschnaps bin ich mir nicht so sicher. Habt Ihr den mal probiert?
Hallo Barbara,
danke für deinen Kommentar und deine Beoachtung. Ja, so wie ich es geschrieben habe, klingt es tatsächlich so, dass Kinder die Namen von Tieren bekommen. Aber bei vielen indigenen Völkern gibt es diese Unterscheidung von Tier, Mensch und höheren Wesen nicht. Sie können voneinander abstammen und sich sogar verwandeln. Aber das ist sicher einen eigenen Artikel wert.
Die alkoholischen Getränke habe ich fast alle probiert und muss sagen, dass sie so lecker sind, dass man aufpassen muss nicht zu viel davon zu trinken! Etwas gewöhnungsbedürtig ist die Kombination: sie prickeln wie gegorener Saft und sind trotzdem sähmig, beinahe schon cremig. Und obwohl sie nur gegoren, und nicht desitliert sind, können sie ganz schön in den Kopf steigen.
Liebe Grüße
Klaus
Super interessanter Beitrag! Es ist wirklich schön, dass du jemanden für dieses Interview gefunden hast und es einen unverfälschten Eindruck gibt. Es ist leider immer so, dass viele Menschen nicht wissen wie es in anderen Kulturen zugeht und man unbegründet Vorbehalte hat. Ich hätte aber gedacht, dass es im eigenen Land eher thematisiert wird…
Hallo, toll, dass du uns einen Einblick in eine andere Kultur gibt. Die Bräuche und Rituale von anderen Völkern kennen zu lernen, finde ich total spannend und bereichernd für alle. Schön, dass Eliana mit ihren Kindern an den alten Traditionen festhält
Viele Grüße
Simone
Hallo Simone,
ja, ich finde auch ganz toll, was sie macht. Sie hat sich diese Traditionen sogar erst wieder erarbeitet. Und ich finde es auch immer wieder schön, mit ihr diese Kultur kennenlernen zu können.
Viele Grüße
Klaus
Hallo Klaus,
ein sehr interessanter, authentischer Einblick. Dass In der Schule der Tochter die Kultur so verfälscht, fast lächerlich dargestellt wurde, ist ja unglaublich. Da wird der Sinn des Tages ad absurdum geführt.
Viele Grüße
Gina
Lieber Klaus,
was für ein schönes Interview, das Einblicke in das Volk der Mura gibt. Sehr interessant, wie ihr Leben aussieht und wie sie versuchen ihre Kultur aufrecht zu erhalten.
Viele liebe Grüße
Kathi
Jetzt habe ich es zweimal gelesen aber leider nicht wirklich verstanden, was genau ist der Dia do Indio?
Und die Bananenblätter werden nach dem Fischgrillen aber nicht mitgegessen, oder?
Das liest sich wirklich sehr spannend. Danke für den Einblick.
Viele Grüße
Katja
Sehr interessantes Interview – solch traditionelle Völker wecken immer großes Interesse in mir. Vor allem das Ausprobieren der traditionellen Mahlzeiten und Getränke wäre was für mich 😉
lg aus Ecuador
Hallo Klaus,
vielen Dank für dieses spannende Interview! Es gibt tolle Einblicke in eine mir völlig fremde Kultur. Schön, dass Eliana für die Traditionen ihres Volkes einsteht und versucht, sie Außenstehenden zu vermitteln. Mich hat natürlich sofort das Essen angesprochen – der in Bananenblättern gegrillte Fisch klingt super lecker. Und Ameisen sind sicher auch mal eine interessante Erfahrung… 😉
LG
Katharina